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Hohe Bauzinsen trotz sinkender Leitzinsen? Der Einfluss physischer Klimarisiken auf Darlehenszinsen & das Reporting in Banken

In einer Zeit hoher Bauzinsen trotz sinkender Leitzinsen fragen sich viele, wie diese Entwicklungen miteinander vereinbar sind. Ein möglicher Erklärungsfaktor könnte in den physischen Klimarisiken liegen, die Finanzinstitute zunehmend in ihre Risikobewertungen einfließen lassen. Dieser Blogbeitrag wirft einen Blick darauf, wie Klimarisiken die Berechnung von Darlehenszinsen für Wohngebäude beeinflussen können. Dabei werden insbesondere das Working Paper No 3036 der Europäischen Zentralbank (EZB) mit dem Titel „From flood to fire: is physical climate risk taken into account in banks’ residential mortgage rates?“ sowie weitere aktuelle Quellen einbezogen.

Das Paradoxon hoher Bauzinsen: Ein Ausdruck von Klimarisiken?

Obwohl die Leitzinsen in den letzten Monaten durch die Europäische Zentralbank gesenkt wurden, verharren die Bauzinsen in Deutschland auf einem hohen Niveau. Als der Leitzins der Zentralbank Mitte des Jahres 2022 noch bei 0% lag, stiegen die Effektivzinssätze für Hypothekendarlehen auf bis zu 3% (Abb. 1). In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 erhöhten sich schließlich beide Zinssätze und erreichten ihre jeweiligen Höchststände im Spätsommer 2023. Obwohl die EZB den Leitzins seit September 2024 kontinuierlich senkte, blieben die Bauzinsen nahezu unverändert auf einem Niveau von rund 3,5%. Dieses Paradoxon ist nicht nur auf wirtschaftliche Faktoren wie Inflation oder Marktentwicklungen zurückzuführen, sondern könnte auch durch die zunehmende Berücksichtigung von Klimarisiken in der Risikobewertung der Banken beeinflusst werden. Denn steigende Klimarisiken führen u.a. zu höherer Unsicherheit, die Banken mit höheren Zinsen abfangen könnten.

Die Notwendigkeit der Anpassung: Kein Weg führt an Klimafolgen vorbei

Die Berücksichtigung von Klimarisiken in der Berechnung von Darlehenszinsen für Wohngebäude wird künftig unvermeidlich sein. Die Folgen des Klimawandels werden immer deutlicher, und der Finanzsektor muss darauf reagieren, um langfristige Risiken zu minimieren. Daten des Gesamtverbands deutscher Versicherer verdeutlichen den merklichen Anstieg von Klimaschäden. So sind sowohl die Zahl der Schäden als auch der Schadenaufwand durch Sturm und Hagel im Rahmen von Wohngebäudeversicherungen seit 1976 im langfristigen Durchschnitt gestiegen (Abb. 2). Abb. 3 zeigt darüber hinaus, dass auch die seit 2004 erfassten Elementarschäden eine zunehmende Rolle spielen und bislang mit der Flutkatastrophe an der Ahr 2022 ihren Höhepunkt erreichten. Im Unterschied zur Wohngebäudeversicherung, deckt eine Elementarversicherung Schäden durch Starkregen, Hochwasser und Erdbeben ab.

Auswirkungen der Klimaschäden auf das Baufinanzierungsgeschäft der Banken

Klimafolgen können das Baufinanzierungsgeschäft der Banken in verschiedener Hinsicht beeinflussen. Entsprechende Zusammenhänge werfen Studien wie das Working Paper No 3036 der EZB auf. Einerseits verursachen klimabedingte Extremwetterereignisse Schäden an Immobilien und vermindern damit ihren Wert. Ist die Immobilie als Sicherheit für einen Kredit hinterlegt, steigt folglich die Ausfallverlustquote (LGD). Andererseits hat der Klimawandel auch wirtschaftliche Folgen, die keineswegs homogen sind, sondern bestimmte Branchen stärker negativ beeinflussen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von diesen Branchen abhängig sind, verzeichnen Einkommenseinbuße, sodass ihre Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) steigt.

Unter Berücksichtigung der Bedeutung, die die Baufinanzierung für Banken und das Finanzsystem besitzt, wird deutlich, wie wichtig eine adäquate Betrachtung von Klimarisiken ist.

Die Herausforderung: Integration von Klimarisiken in bestehende Finanzmodelle

Die Einbeziehung von Klimarisiken in die Kreditprozesse erfordert eine Weiterentwicklung der bestehenden Finanzmodelle und Risikomanagementprozesse. Banken müssen auf präzise Daten und moderne Modellierungstechnologien zurückgreifen. Die Herausforderung besteht darin, diese Daten effizient in die Kreditvergabeprozesse zu integrieren und damit eine fundierte Zinsberechnung zu ermöglichen.

Beispiel: Erfassung von Klimarisiken und ihre Integration in Zinsen

Ein praktisches Beispiel für die Erfassung von Klimarisiken ist die Verwendung von Klimadaten und -modellen, die von spezialisierten Dienstleistern zur Verfügung gestellt werden. Diese Daten umfassen standortabhängige Informationen über das Risiko von Überschwemmungen, Stürmen oder Dürren, die eine Immobilie gefährden könnten. Banken können diese Daten nutzen, um für Immobilien in besonders gefährdeten Regionen höhere Zinsen zu berechnen, da das Risiko von Schäden und damit verbundenen Kreditausfällen höher ist. Eine solche präzise Risikomodellierung hilft dabei, die Zinsberechnung transparent und risikoangepasst zu gestalten.

Berücksichtigen Banken bereits Klimarisiken in ihren Darlehenszinsen?

Obwohl die Bedeutung der Klimarisiken zunehmend erkannt und in Form von Zinsaufschlägen umgesetzt wird, ist ihre Berücksichtigung noch nicht flächendeckend implementiert. Laut einer gemeinsamen Studie der Deutschen Bundesbank und der BaFin für den Stresstest der EZB zu Klimarisiken aus dem Jahr 2022 berücksichtigen zwar bereits zwei Drittel der Banken grundlegende Praktiken (Basic Practices) im Umgang mit klimabedingten Kreditrisiken. Gleichzeitig wurden für durchschnittlich ein Drittel der untersuchten Finanzinstitute jedoch Warnhinweise (Red Flags) ausgesprochen.

Das Working Paper No 3036 der EZB findet eine hohe Heterogenität in der europäischen Bankenlandschaft vor. Während einige Banken bereits in ihren Nachhaltigkeitsberichten auf klimabezogene Risiken hinweisen, erfolgt die tatsächliche Integration dieser Faktoren in die Darlehenszinsen noch nicht systematisch. Die Bank of England betont in ihren jüngsten Berichten, dass dies ein erhebliches Risiko für die Finanzstabilität darstellen könnte. Der Finanzsektor habe in Bezug auf die vollständige Berücksichtigung von Klimarisiken bei der Kreditvergabe noch großen Nachholbedarf.

Sind europäische Finanzinstitute dazu verpflichtet, Klimarisiken zu berücksichtigen?

In der Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD) und der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) wird (noch) nicht explizit verlangt, dass Banken Klimarisiken in ihre Risikomodelle und Kapitalanforderungen integrieren müssen. Die Berücksichtigung von Klimarisiken wird jedoch durch die Aufsichtspraxis der EZB und EBA nahegelegt. Die Leitfäden zu Klima- und Umweltrisiken der EZB (2020) definieren die Erwartungen der Aufsicht in Bezug auf Risikomanagement und Offenlegungen. Zudem hat die EBA zu Beginn des Jahres 2025 ihre finalen Leitlinien zum Management von ESG-Risiken veröffentlicht.

Fazit: Klimarisiken in Darlehenszinsen – eine Frage der Zukunft

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Berücksichtigung physischer Klimarisiken in der Berechnung von Darlehenszinsen für Wohngebäude nicht nur eine notwendige Anpassung an die Realität des Klimawandels, sondern auch eine entscheidende Maßnahme zum Schutz vor finanziellen Risiken darstellt. Die Erkenntnisse aus dem Working Paper No 3036 der EZB sowie aus den aktuellen Studien der Deutschen Bundesbank und der Bank of England verdeutlichen, wie wichtig es für den Finanzsektor ist, Klimarisiken in seine Kreditvergabeprozess und das Reporting zu integrieren. Die zunehmende Häufigkeit von Extremwettereignissen beeinflusst nicht nur die langfristige Werthaltigkeit von Immobilien, sondern auch das Ausfallrisiko von Krediten. In ihren zuletzt veröffentlichten Leitlinien fordern sowohl die EZB als auch die EBA die Berücksichtigung von Klimarisiken.

Klimarisiken im Blick – jetzt strategisch handeln

Als Finanzakteur sollten Sie jetzt aktiv werden: Die frühzeitige und systematische Berücksichtigung von Klimarisiken im Kreditprozess und Reporting ist entscheidend, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und langfristige Resilienz sicherzustellen.

movisco unterstützt Banken und Finanzinstitute mit gezielter Beratung zu Klimarisiken, praxisnaher Expertise im Risikomanagement, Financial Reporting und im Bereich Sustainable Finance.

Kontaktieren Sie uns, um gemeinsam maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und Ihr Unternehmen optimal auf kommende Herausforderungen rund um Klimarisiko und Klimarisiken in der Bank vorzubereiten.


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