Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 verwandelte die seit 2007 anhaltenden Turbulenzen der Finanzmärkte schlagartig in eine globale Finanzkrise. Auslöser dieser Finanzkrise war das Platzen der Immobilienblase in den USA. Im Vorfeld wurden massenhaft Kredite an US-Bürger zum Kauf von Häusern ausgegeben – unabhängig von deren Kreditwürdigkeit (sog. Subprime Loans).
Diese Hypotheken, bestehend aus guter, mittlerer und schlechter Bonität, wurden durch Investmentbanken an Zweckgesellschaften übertragen, die daraus wiederum handelbare Wertpapiere kreierten, die sogenannten Mortage Backed Securities (MBS). Diese Wertpapiere wurden dann in Fonds zu sog. Collateralized Debt Obligations (CDO) gebündelt. Das bedeutet, es wurden forderungsbesicherte Wertpapiere mit anderen Finanzprodukten zusammengefasst. Aufgrund der unterschiedlichen Qualität der Kredite, ging man davon aus, einen Puffer zu haben, der den Ausfall eines Kredits abfangen könne. Allerdings wurden diese neu geschaffenen Finanzprodukte wiederum aufgeteilt und zu neuen Wertpapierpaketen gebündelt, die dann weltweit an andere Finanzinvestoren und Banken verkauft wurden. Dies führte dazu, dass schlussendlich kein Finanzinstitut mehr wusste, welche Papiere sich in seinen Büchern befanden.
Zu Beginn des Jahres 2008 geriet so auch die einstige WestLB in eine existenzbedrohende Situation, nachdem sie erhebliche Verluste, insbesondere aus dem Aktieneigenhandel und Geschäften im US-Immobilienmarkt, einfuhr. Daher entschieden ihre Anteilseigner, ein Portfolio der WestLB mit einem Volumen von 23 Mrd. €, das maßgeblich aus strukturierten US-Immobilienkrediten bestand, in eine Zweckgesellschaft auszulagern, um so den Druck auf die Liquiditäts- und Eigenkapitalposition der WestLB zu verringern. Diese Entscheidung konnte zwar vorerst die Liquiditäts- und Kapitalprobleme der einstigen WestLB entschärfen, zog im weiteren Verlauf jedoch erhebliche Auflagen aus dem erforderlichen wettbewerbsrechtlichen Verfahren der Europäischen Kommission nach sich. So verlangte die Europäische Kommission etwa die Umstrukturierung der Landesbank, einen mehrheitlichen Wechsel der öffentlich-rechtlichen Anteilseigner sowie die Halbierung der Bilanzsumme. Trotz der Portfolio-Ausgliederung zeichnete sich mit dem Fortschreiten der Krise und dem damit verbundenen Anstieg der Risiken für die Finanzmarktstabilität in Deutschland ein weiterer Kapitalbedarf bei der einstigen WestLB ab.
Aus diesem Grund entstand am 11. Dezember 2009 die Erste Abwicklungsanstalt (kurz: EAA). Ihr Auftrag besteht darin, das von der WestLB zu übernehmende Vermögen verlustminimierend abzuwickeln und so den Schaden für die deutschen Steuerzahler möglichst zu begrenzen. Hierzu wurde die EAA als organisatorisch und wirtschaftlich selbstständige, teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts innerhalb der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) errichtet und war somit die erste bundesrechtliche Abwicklungsanstalt. Demnach handelt es sich bei der EAA defacto um eine sog. „Bad Bank“, auch wenn sie selbst diese Bezeichnung ablehnt, u.a. weil sie über keine Banklizenz verfügt.
Die EAA übernahm am 1. Januar 2010 bei ihrer sogenannten Erstbefüllung zunächst Risikopositionen von der WestLB, darunter notleidende Kredite, strukturierte Finanzierungen sowie Wertpapiere und Immobilien im Umfang von rund 77,5 Mrd. €. Diese wurden bereits bis Ende 2011 durch Verkäufe oder Abwicklung der Geschäfte auf 51 Mrd. € reduziert. Zum 1. Juli 2012 wurden der EAA im Zuge der Aufspaltung der WestLB weitere Vermögenswerte in Höhe von 126,4 Mrd. € übertragen (sog. Nachbefüllung). Somit wurden im Rahmen von Erst- und Nachbefüllung insgesamt Vermögenswerte in einem Volumen von etwa 200 Mrd. Euro übernommen, die dem Bankbuch zugerechnet werden. Daneben übernahm die EAA Mitte 2012 einen Handelsbestand der WestLB, bestehend aus derivativen Produkten mit einem ursprünglichen Nominalvolumen i. H. v. 1.064 Mrd. € (siehe Abbildung 1).
Das abzuwickelnde Portfolio der EAA ist dabei sehr komplex; es erstreckte sich zeitweise auf rund 100 Länder, bestehend aus zahlreichen Projektfinanzierungen, Schiffs-, Flugzeug-, Leasing- und Versicherungsportfolios sowie der Verarbeitung von über 60 Währungen. Zusätzlich bestand die Aufgabe, mehr als 300 Beteiligungen und mehr als 1.400 Zweckgesellschaften abzuwickeln.
Nach eigener Aussage der EAA verlief der Portfolioabbau bislang deutlich schneller und besser als ursprünglich erwartet. Demnach hat die EAA durch den Abbau der Vermögenswerte seit 2009 den Bestand des Bankbuchs zum Ende des Geschäftsjahres 2022 auf 7,9 Mrd. € reduzieren können, was nur noch 5,1% des ursprünglichen Nominalvolumens entspricht. Ähnlich sieht es bei dem Handelsbestand aus: Hier konnte das anfängliche Nominalvolumen von 1.064 Mrd. € auf 56,6 Mrd. € reduziert werden. Die Haftungszusagen durch ihre öffentlichen Beteiligten hat sie während dieses Abbaus bisher nicht in Anspruch genommen.
Die durch das stark fortgeschrittene Stadium des Portfolioabbaus zwangsweise rückläufigen Erträge der EAA können die Verwaltungsaufwendungen nicht mehr kompensieren. So fuhr die die EAA im Geschäftsjahr 2022 ein negatives Ergebnis nach Steuern i. H. v. -1,6 Mio. € ein. Sie steht daher vor der Herausforderung, Kapazitäten und (Personal-)Kosten zu verringern, ohne das Know-how für eine erfolgreiche Abwicklung einzubüßen. Aus diesem Grund hat sie eine Weiterentwicklung zur Flexibilisierung und Optimierung des Verwaltungsaufwands veranlasst. Hierzu wird eine neue Servicestruktur entwickelt, welche bis Ende des zweiten Quartals 2023 abgeschlossen sein soll und die der EAA erlaubt, sich zukünftig auf ihre wesentlichen Funktionen, bestehend aus Überwachen, Steuern und Entscheiden, zu fokussieren. Zum Abbau des restlichen Portfolios wurden die Verträge für die neue Servicelandschaft 2021 mit einer Laufzeit von 14 Jahren (inkl. Verlängerungsoptionen) abgeschlossen.
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