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Wie Banken Nachhaltigkeitsaspekte im Rahmen der Gesamtbanksteuerung in ihren Risk-Analysis-Prozess integrieren können

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren in allen Aspekten des öffentlichen Lebens immer mehr an Bedeutung gewonnen, insbesondere aber in Bezug auf die Geschäftspraktiken von Unternehmen. Auch im Finanzsektor ist es für Banken wichtig, Nachhaltigkeit in ihren Risikoprozess zu integrieren, um eine umfassendere Betrachtung des Risikobegriffes zu erreichen, regulatorische Anforderungen zu erfüllen, langfristigen Erfolg zu gewährleisten und den Anforderungen ihrer Kunden und anderen Stakeholdern gerecht zu werden.

Der Risikobegriff im Kontext der ESG-Kriterien

Herkömmliche Risikoarten, die im Gesamtbanksteuerungsprozess berücksichtigt werden, sind Markt- und Kreditrisiken, Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiken oder auch Politik- und Regulierungsrisiken (MaRisk-Novelle der BaFin). Die Quantifizierung dieser Risiken fällt aufgrund ihrer Beschaffenheit vergleichsweise leichter als die von Umwelt- oder sozialen Risiken.

Risiken der Nachhaltigkeit umfassen Ereignisse oder Umstände aus den Bereichen Umwelt, soziale Fragen und Unternehmensführung, die tatsächlich oder potenziell nachteilige Auswirkungen auf die finanzielle Lage, Vermögenswerte, Erträge und den Ruf eines Kreditinstituts haben können. Nachhaltigkeitsrisiken, die durch den Klimawandel entstehen, lassen sich in physische Risiken und Transitionsrisiken unterteilen.

Physische Risiken entstehen sowohl durch einzelne Extremwetterereignisse wie Hitze, Trockenheit, Überschwemmungen, Stürme, Hagel, Waldbrände und Lawinen, als auch durch langfristige Veränderungen in klimatischen und ökologischen Bedingungen; etwa Veränderungen in Niederschlagsmustern, Anstieg des Meeresspiegels, Veränderungen von Meeres- und Luftströmungen sowie extremen regionalen Temperaturanstiegen. Diese Risiken können auch indirekte Konsequenzen haben, wie den Zusammenbruch von Lieferketten, die Aufgabe wasserintensiver Geschäftstätigkeiten und sogar klimabedingte Migration sowie bewaffnete Konflikte. Zudem können Unternehmen, die zum Klimawandel beigetragen haben, gesetzlich oder gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden, zum Beispiel durch Maßnahmen wie den Ontario Bill 21, Liability for Climate-Related Harms Act aus dem Jahr 2018.

Transitionsrisiken entstehen durch den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft: Politische Maßnahmen könnten zu Kostensteigerungen oder Knappheit von fossilen Brennstoffen oder Emissionszertifikaten führen, wie zum Beispiel Kohleausstiege oder eine CO2-Steuer. Neue Technologien könnten Etablierte ersetzen und nicht angepasste Unternehmen - aufgrund sich ändernder Präferenzen und gesellschaftlicher Erwartungen - könnten eine drastische Reduktion der globalen CO2-Emissionen gefährden, die aber nötig wäre, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.

Diese Risiken stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Gibt es einen erhöhten Anstieg an physischen Risiken, ist eine disruptive Reaktion der Wirtschaft notwendig, was schließlich in größeren Transitionsrisiken mündet.

Risikoprozess im Bankwesen

Der Risikoprozess im Bankwesen bezieht sich auf den systematischen Ansatz, den Finanzinstitute verfolgen, um verschiedene Arten von Risiken zu identifizieren, zu bewerten, zu überwachen und zu verwalten, die mit ihrer Geschäftstätigkeit verbunden sind. Man spricht in dem Zusammenhang von Kreditrisiken, Marktrisiken, Liquiditätsrisiken (ILAAP/ICAAP – Der interne Risikoprozess der Bankenwelt), operationale Risiken und mittlerweile auch verstärkt von Nachhaltigkeitsrisiken. Der Risikomanagementprozess nimmt eine elementare Rolle bei der Aufrechterhaltung von Stabilität, Sicherheit und Rentabilität einer Bank ein.

  1. Risikoidentifizierung: Am Anfang des Risikoprozesses steht die Identifizierung der potenziellen Risiken, denen die Bank ausgesetzt ist. Hierbei wird ein Verständnis für die verschieden Arten von Risiken entwickelt und in welchen Aktivitäten der Bank sie sich manifestieren. Das im Bankwesen prominenteste Beispiel ist das Kreditrisiko, das aus der möglichen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners resultiert.
  2. Risikomessung und -bewertung: Sobald die Risiken identifiziert sind, quantifizieren und messen Banken sie, um ihre potenzielle Auswirkung auf die Institution zu verstehen. Zum Beispiel kann Kreditrisiko bewertet werden, indem die Ausfallwahrscheinlichkeit und der mögliche Ausfallverlust für jeden Kredit berechnet werden. Marktrisiko wird oft mit Value-at-Risk (VaR)-Modellen gemessen, die potenzielle Verluste auf der Grundlage historischer Marktdaten schätzen. Nach der Messung bewerten Banken die Schwere jedes Risikos und seine potenzielle Auswirkung auf die finanzielle Gesundheit der Institution. Die Risikobewertung umfasst die Analyse der Wahrscheinlichkeit, dass das Risiko eintritt, und der potenziellen Größe der Verluste.
  3. Risikominderung und -überwachung: Der nächste Schritt besteht darin, Maßnahmen zur Minderung der identifizierten Risiken umzusetzen. Verschiedene Risiken erfordern unterschiedliche Strategien. Für Kreditrisiken können Banken konservative Kreditrichtlinien und Anforderungen an Sicherheiten festlegen. Marktrisiken können durch Absicherungsstrategien und Diversifizierung von Investitionen gesteuert werden. Operationelle Risiken, die sich aus internen Prozessen und Systemen ergeben, können durch bessere Kontrollen, Redundanz und Prozessverbesserungen gemindert werden. Risikomanagement ist ein fortlaufender Prozess, und Banken überwachen kontinuierlich ihre Risikoexposition. Dies beinhaltet die Verfolgung von Risikoindikatoren, Leistungskennzahlen und wichtigen Risikofaktoren. Es werden regelmäßige Stresstests durchgeführt, um zu beurteilen, wie die Bank ungünstige Szenarien bewältigen würde.
  4. Risikoberichterstattung und Regulatorik: Banken müssen ihre Risikoprofile den Aufsichtsbehörden und Interessengruppen melden. Es werden umfassende Risikoberichte erstellt, in denen die Risikoexpositionen, die Minderungsbemühungen und die Einhaltung von Vorschriften detailliert beschrieben werden. Die Bankenbranche unterliegt verschiedenen Vorschriften und Kapitalanforderungen, die von Aufsichtsbehörden wie Zentralbanken und Finanzbehörden festgelegt werden. Banken müssen diese Vorschriften einhalten und angemessene Kapitalniveaus aufrechterhalten, um ihre Stabilität und Resilienz gegenüber Risiken sicherzustellen.
  5. Risikokultur und -führung: Ein wichtiger Aspekt des Risikoprozesses besteht darin, eine risikobewusste Kultur in der Organisation zu fördern. Dies beinhaltet eine angemessene Risikoführung, die Schulung von Mitarbeitenden, um Risiken zu identifizieren und zu melden, und die Etablierung eines Risikomanagementrahmens in der gesamten Bank.

Der Risikoprozess im Bankwesen ist ein dynamischer und kontinuierlicher Zyklus, und Banken müssen ihre Risikomanagementstrategien an sich ändernde Marktbedingungen, regulatorische Anforderungen und interne Entwicklungen und mitunter auch durch den Klimawandel entstehende Risiken anpassen. Ein effektives Risikomanagement ist entscheidend, um das öffentliche Vertrauen sicherzustellen, Finanzkrisen zu verhindern und die langfristige Lebensfähigkeit der Bankenbranche zu gewährleisten.

Synthese von Nachhaltigkeitsrisiken und der Gesamtbanksteuerung

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken wird zunehmend wichtig, da Investoren und Kunden zunehmend nachhaltiges Verhalten von Unternehmen fordern und Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Entscheidungen einbeziehen. Zudem wächst die Zahl der öffentlichen Gesetze und Vorschriften in diesem Zusammenhang stetig (Sustainable Finance - Nachhaltige Finanzwirtschaft bedarf einer neuen Regulatorik). In ihrer Rolle als Finanzintermediäre nehmen Banken in diesem Kontext eine entscheidende Rolle ein. Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsrisiken effektiv managen, können langfristig stabilere und widerstandsfähigere Geschäftsmodelle vorweisen.

Die Vereinigung von Nachhaltigkeit und Gesamtbanksteuerung kann auf verschiedene Weise erreicht werden. Die primären Ansätze für Kreditinstitute dabei sind:

  • Integrierte Nachhaltigkeitsstrategien: Banken können Nachhaltigkeitsstrategien in ihre Geschäftsstrategien und -prozesse integrieren, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsüberlegungen in allen Geschäftsentscheidungen berücksichtigt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen der Bank - einschließlich des Risikomanagements, des Treasury und des Asset Managements.
  • Nachhaltigkeitsrisikomanagement: Banken können Nachhaltigkeitsrisiken in ihr Risikomanagement integrieren, um sicherzustellen, dass Umwelt- und Sozialrisiken angemessen bewertet und in ihre Entscheidungen einbezogen werden. Dies kann dazu beitragen, das Risiko von finanziellen Verlusten im Zusammenhang mit Umwelt- und Sozialkrisen zu reduzieren.
  • Nachhaltige Finanzprodukte und -dienstleistungen: Banken können nachhaltige Finanzprodukte und -dienstleistungen anbieten, um den Bedürfnissen von Kunden gerecht zu werden, die nachhaltige Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten suchen. Solche Produkte und Dienstleistungen können dazu beitragen, eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und gleichzeitig finanzielle Renditen zu erzielen.
  • ESG-Integration in die Geschäftstätigkeit: ESG (Environment, Social, Governance) Integration bezieht sich auf die Berücksichtigung von ESG-Faktoren in die Entscheidungsfindung der Banken. Ein Beispiel für ESG-Integration in die Geschäftstätigkeit von Banken ist die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Kreditvergabe. Hierbei werden Kredite nur an Unternehmen vergeben, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
  • Nachhaltige Investitionen: Banken können in nachhaltige Investitionen wie erneuerbare Energien, saubere Technologien und sozial verantwortliche Unternehmen investieren, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und gleichzeitig finanzielle Renditen zu erzielen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vereinigung von Nachhaltigkeit und Gesamtbanksteuerung durch die Inbezugnahme der oben beschriebenen Nachhaltigkeitsstrategien in das Geschäftsmodell und Risikomanagement der Bank erfolgen kann. Durch die Bereitstellung von nachhaltigen Finanzprodukten und -dienstleistungen und die Integration von ESG-Faktoren in die Entscheidungsfindung, können Banken eine wichtige Lenkungswirkung der Realwirtschaft vornehmen, die zu einer kohlenstofffreien Gesellschaft führt und schlussendlich mögliche Nachhaltigkeitsrisiken minimiert.


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Susanne Jung

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